Sonntag, 23. Oktober 2016

Esmera [BD-Rezension]

Was ist nur mit diesem Jahr passiert und warum habe ich 2016 eigentlich so wenig Blogeinträge? Als ich gestern Nacht einen kleinen virtuellen Spaziergang durch meinen Friedhof der vergessenen Bücher unternommen habe, musste ich feststellen, dass ich ihn heuer wirklich selbst ziemlich vergessen habe. Um mein -nun doch schon langjähriges Projekt- gegen Jahresende wieder ein wenig aufzupolieren wird es nun wieder eine ordentliche Rezensionswelle geben!




Inhalt:


Trotz oder gerade weil die junge Frau Esmera Schülerin eines strengen katholischen Internats ist sehnt sie sich nach sexuellen Kontakten. Wie auch ihre Zimmernachbarin Rachele sucht sie heimlich Kontakt zu jungen Männern, wobei sie diese Begegnungen nicht wirklich zufrieden stellen. Nach einer ebenso merkwürdigen wie sinnlichen Nacht mit ihrer Freundin wird es ihr jedoch plötzlich möglich sowohl die weibliche, als auch die männliche Lust erleben zu können. Diese Fähigkeit verstrickt sie jedoch in eine chaotische Abfolge von Liebesabenteuer gepaart mitzahlreichen Fluchten und Lügen.

Mistys Meinung:


Bevor hier jetzt jemand Porno und Mordio schreit möchte ich noch kurz etwas klarstellen: ich kenne die Geschichten des Schweizer Comiczeichners Philippe Marduis -auch Zep genannt- bereits aus meiner Schulzeit, wobei wir uns ausschließlich mit dem kleinen Chaot Titeuf beschäftigt haben. Ich war dementsprechend überrascht, als ich seinen Namen auf diesem -schon ganz anders gearteten- Comic erspäht habe.So war ich sehr neugierig darauf wie er sich denn in diesem Genre machen würde (es gab natürlich nur diesen einen Grund warum ich es lesen wollte *zwinker, zwinker*).

Zunächst aber zum Stil: Titeuf hat mir eigentlich wegen seiner Cartoonhaftigkeit nie wirklich zugesagt, entsprechend zufrieden war ich hier, sehr realistische und gleichzeitig wirklich tolle atmosphärische Bilder vorzufinden. Dabei störte es mich noch nicht einmal, dass die Bildchen nicht in Farbe sind (worauf ich sonst bei Comics schon sehr großen Wert lege). Die Darstellungen waren zwar explizit, trotzdem würde ich sie eigentlich nicht als derb bezeichnen.


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Was den Inhalt angeht werden sich viele Leser schnell an den Anime Ranma 1/2 erinnert fühlen, denn auch hier bezieht sich die Geschichte hauptsächlich auf den chaotischen Wechsel von Mann zu Frau und die entsprechende Verwirrung aller beteiligten Figuren. Die witzigen Wechsel werden meiner Meinung nach gekonnt genützt und es finden sich ausreichend Höhepunkte (literally). Trotz vieler absichtlich überzogener Szenen, die man mit einem Zwinkern gerne hinnimmt ist dieser Comic um einiges mehr als eine Abfolge von Sex & Witz - wenn es davon  zugegebenermaßen auch reichlich gibt.

Nicht nur dass die Prüderie und Doppelmoral der 1960er Jahre aufs Korn genommen wird, es finden sich auch kritische Winks bezogen auf späterere, vermeintlich offenere Strömungen, die Esmera der Reihe nach durchlebt. Abgesehen davon bekommt man als Leser auch von ihrer Einsamkeit zu spüren, die durch ihre Besonderheit hervorgerufen wird und von der wiederholten Intoleranz auf die sie stößt.Wenn es von willigen, wollüstigen Frauen in diesem Band auch nur so wimmeln mag bleibt gerade auch die Durchsetzung und freie Entscheidung einer Frau -auch in sexueller Hinsicht- im Vordergrund.

Trotzdem merkt man in gewisser Weise, dass diese "erotische Fantasie" wie der Klappentext beschreibt, von Männern kreiert wurde, manch eine Beschreibung -vom weiblichen Orgasmus etwa- erscheint mir doch nicht ganz adäquat. Aber auch diese Tatsache habe ich mit einem Schmunzeln hingenommen, schließlich nimmt sich die Geschichte selbst nicht ganz ernst und das ist auch gut so.

Fazit:


Meiner Ansicht nach ein recht gelungener, wenn auch sehr mit expliziten Szenen erfüllter Comic, der aber keineswegs oberflächlich bleibt. Wenn ein Leser sich mit diesem Genre anzufreunden weiß, auf jeden Fall eine Empfehlung wert.

Eine ausführlichere Leseprobe findet sich übrigens hier.

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Titel: Esmera
Autoren/Zeichner: Vince & Zep
Verlag: Splitter
Sprache: Deutsch
Gebundene Ausgabe: 78 Seiten

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