Montag, 14. November 2016

Angélique [Rezension]

Wer meine Bibliothek aufsucht, um längst vergessene Schätze auszugraben für den habe ich mit diesem Goldstück auf jeden Fall gut vorgesorgt. Diese im Französischen immerhin 13teilige Reihe dürfte wohl einst auch im deutschsprachigen Bereich recht verbreitet gewesen sein (so oft wie ich auf einzelne Bände davon auf Flomärkten und in der Büchertankstelle stoße). Auf jeden Fall aber umfasst dieser Band im Deutschen gleich Teil 1 und Teil 2 und ist mit seinen knackigen 800 Seiten eine etwas längere Zeitreise.


Inhalt:


Angelique de Sancé wächst als verarmte Adelige im Poitou auf und erfährt zunächst nur am Rande von den Ereignissen des königlichen Hofes. Erst als sie jung mit dem reichen Grafen Peyrac verheiratet wird, den sie zunächst noch von sich stößt, wird sie unerwartet in die Intrigen und Machtkämpfe rund um Ludwig XIV hineingezogen. Für sie entbrennt ein gefährlicher Kampf um persönliche Vorteile, Liebschaften und auch um das eigene Leben.

Mistys Meinung:


Allein vom Cover und vom Titel her hätte ich geglaubt genau zu wissen welch kitschigen historischen Frauenroman ich da in Händen halte. Während des Lesens jedoch blieb mir mindestens ein dutzend mal die Spucke weg. Klar hat diese Geschichte einige romantische Einschläge, vor allem was das betörende Aussehen der Hauptfigur anbelangt, aber vielmehr sind die restlichen Einschläge brutaler Natur. Dieses Buch ist nämlich das Game of Thrones Frankreichs im 17. Jahrhundert.

So fallen dem brutalen Kampf um die Gunst des Königs nicht nur reihenweise Figuren zum Opfer (und mit zum Opfer fallen meine ich sie werden gefoltert, gehängt, verbrannt, erstochen usw.) auch was die sexuellen Abgründe angeht kann Shades of Grey hier beschämt die die Lider senken. Die vielen Intrigen und Verwicklungen der einzelnen Figuren fand ich recht gelungen und sie werden über weite Teile auch recht realistisch gehalten. Ebenfalls recht gekonnt werden historische Fakten und Figuren in die Story verwebt und man merkt eindeutig dass dahinter sehr viele Stunden der genauen Recherche stehen. An die Zeit des Sonnenkönigs erinnere ich mich dank meiner Schulzeit vergleichsweise gut und ich fand es wirklich spannend an einige Details erinnert zu werden und andere wiederum zu lernen, die mir noch unbekannt waren.

Trotzdem merkt man an vielen Stellen sehr deutlich, dass es sich um ein fiktives Gespinst handelt, da verloren geglaubte Figuren an entscheidungsträchtigen Passagen wieder einen Auftritt bekommen, oder manchmal ein wenig überzeichnet werden um einer Situation mehr Dramatik zu verleihen. Das hat mich allerdings kaum gestört, hatte ich ja auch nicht vor mit einem rein historischen Abriss die Nachmittage zu verbringen. Einzig manch sexueller Abgrund hat mein Lesevergnügen insofern getrübt, da ich sehr schockiert war. So bin ich nicht wirklich leseprüde, aber einige Ausschweifungen waren doch sehr sadistischer bzw. masochistischer Natur und gerade in ihrer abwertenden Position Frauen gegenüber verstörend.

Natürlich hat ein solcher Wälzer auch seine Längen, ist doch nicht jede Seite mit Sex und Abenteuer gefüllt, aber mittlerweile komme ich mit längeren Beschreibungen eigentlich recht gut zu recht. Ich darf auf jeden Fall behaupten, dass ich eine gewisse Lesegeduld entwickelt habe. Jedenfalls aber wird von den zahlreichen Figuren auch auf die höfische Etikette, inklusive der verschiedenen Gewandungen wert gelegt, also dessen sollte ein jeder Neugierige gewahr sein.

Fazit:


Ein wirklich monumentaler Roman, dessen Plot ebenso überraschend wie brutal daher kommt und sehr viele Überraschungen positiver Natur für mich bereit gehalten hat. Man möge sich nicht vom Cover abschrecken lassen, diese Geschichte hat Feuer.

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Titel: Angélique
Autorin: Anne Golon
Verlag: Bertelsmann
Sprache: Deutsch
Reiheninfo: Band 1+2 / 13

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